Speechless.

Ich habe ein so aufregendes Wochenende verbracht, dass ich es selbst mit meinem Überschriften-Minimalismus und 3-Wort-Enumerationen nicht so richtig den richtigen Flair einfangen kann. Ich versuche es trotzdem.

Wir starten am Anfang - hier der kurz Überblick, für Leute mit Zeitnot (es wird wohl ein bisschen ausgeholt werden müssen).Freitag auf Samstag: Turbulenzen in neuem Ausmaß, neue Familienmitglieder kennen zu lernen ist selbst im Wonderland anstrengend. Wonderland - dessen Politik und Toleranz gegenüber Behinderten schwer hinterfragt werden muss. Fastfood-Abend à la carte. Sonntag - Grandma & Grandpa wollen besucht werden. Und der Pudel. Lange Autofahrt, nölende Kids - Überforderung in einer der Riesen-Malls, an denen zum Essen halt gemacht worden ist. Abends - mein erstes Thanksgiving-Dinnger! Monntag - Whirlpool im heimischen Garten und Ontario Lake. Ich bin erschöpfter denn je.

So und nun noch einmal in der unzensierten Variante.
Darcy's Bruder (Darcy ist ja quasi mein Gastpapa) mit Frau und den drei Kindern sind gegen 20:00 Uhr angereist und haben eine Menge Trubel in's Haus gebracht.. 4 kleine Prinzessinnen und 2 Halbstarke Mindcraft-Junkies wollten bespasst und gebändigt werden. Ich war froh mein Bett zu sehen - auch wenn es natürlich auch bereichernd und lustig war und wir neben kleinen Allüren und Gamersprache auch echt schöne Momente hatten.
Am Samstag-Morgen ging es dann auf Richtung Wonderland - aller Erwartungen zum trotz ist es wahnsinnig warm geworden und so habe ich mir neben einem Muskelkater vom Kinder-schlüren auch einen leichten Sonnenbrand eingefangen.. Aber das sollten Nebensächlichkeiten werden..

Mein eigentliches Problem - die Art und Weise, wie tolerant und offen unsere Gesellschaft gegenüber beeinträchtigten Menschen. Nämlich - sofern nicht selbst betroffen - gar nicht. Zumindest trifft das auf den Großteil zu - und somit leider auch auf den größten Freizeitparks Nordamerikas, sofern man mal die US-amerikanischen Grenzen verlässt.
Ein 6-jähriges Mädchen, dass nicht allein aufrecht sitzen kann, mit Spasmen in allen Gliedmaßen wird in diesem Park folgendermaßen unterstützt: Es muss nicht physisch in einer Warteschlange anwesen sein (wäre auch ungmöglich, weil die Gänge zu eng und mit zu vielen Treppen versehen sind, als das ein Rollstuhl für ein Kind hindurch passen würde, aber sei es drum). In dieser Zeit, in der sie wartet kann sie genau nichts anderes tun. Naja, Essen wäre wohl eine Möglichkeit, aber da die Kleine leider auch über diverse Probleme im Magen und Darmtrakt verfügt und über einen Tubus gefüttert wird, war auch das nicht die praktikabelste Lösung. Sie darf sich jedoch in der "Wartezeit" nirgendwo anders anstellen - außer in den normalen Warteschlangen, in denen man sie jedoch fast 30 Minuten hätte auf dem Arm halten müssen (jeder, der schon einmal ein zappelndes, 30-kilo-schweres Packet getragen hat, weiß, wie viel Spass das macht) - letztendlich haben wir also viel gewonnen, durch dieses Stück Papier. Hinzu kam, dass sie - bedingt durch ihre eingeschränkte Mobilität, viele Attraktionen ausfielen. Aus Sicherheitsgründen bei wirklich schnellen und gefährlichen "Rides" sicherlich angebracht - aber wenn einem verboten wird, die Kleine in eines der langsameren Fahrgeschäfte zu begleiten, weil es leider für Kinder reserviert und ich 2 Zentimeter zu groß bin (Keine Anschnallgurte, oder Bügel - einzig und allein Sitzplätze, für dich ich hätte zu groß sein können) - dann bringt mich das dem Siedepunkt näher, als jede Achterbahn in diesem Park.
Insgesamt habe ich trotzdem einen schönen und teuren Tag dort verbracht, aber es bleibt mir so ein bitterer Nachgeschmack, der selbst nach dem besten Mundwasser nicht weggehen mag.

Zeitweise konnte ich diese Bitterness jedoch ignorieren, denn abends haben wir echt gut gegessen.. Vegetarischer Burger, frische Pommes und warme Brownies mit Vanilleeis.. Ich war wirklich tiefenentspannt. Naja, mal abgesehen von dem einen unzufriedenen und relativ lauten Kindchen, weil es sein 'Pou' auf dem IPad nicht füttern konnte (ja, es ist tatsächlich ein Spiel, einen Scheißhaufen zu versorgen), dem anderen, nölendem Kind, dass nach 2 Bissen Pizza schon satt war und dem dritten, dass nach einem 14-Stunden Tag noch Mindcraft spielen wollte.
Auch wenn ich sie alle lieb habe - das sind so Momente, in denen man gerne Backsteine werfen würde.

Neuer Tag - neues Glück, oder so ähnlich. Sonntagmorgen ging es dann los Richtung Großeltern. Doch bevor es soweit war, sind wir noch einmal alle in einer der rieeeeesigen Malls hier gewesen und ich war echt verloren. Ganz Hakenberg hätte darein gepasst und da mein Orientierungssinn ja ganz ausgezeichnet funktioniert, könnt ihr Euch bestimmt alle vorstellen, wer nicht wieder allein heraus gefunden hätte.

Was ich allerdings wieder gefunden haben ist meinen Gefallen - meinen Gefallen an Essen :D
Nicht nur, dass ich eine leichte Schwäche für Bagels & Creme Cheese, sowie süße und frittierte Kartoffeln.. Nein, ich habe auch Cinnabon's entdeckt. Eine Zimtschnecke, die nicht flach ist, sondern eher aussieht wie ein Ei - gefühlt und überzogen mit einer unfassbar viel Zimt und einer Art Vanillesauce. Hallo, Geschmacksorgasmus.

Ohne Worte.

Wer das nicht liebt, ist selbst Schuld.

Nach dem vielen Essen mussten wir eine 2-3-stündige Autofahrt bewerkstelligen, was mit drei Kindern im Auto selbst mit DvD-Player eine Herausforderung sein kann. The middle - eine Serie, die ein bisschen sich irgendwo zwischen How I met your mother und Scrubs abspielt und auf traditionnelle, leicht konservative Familienwerte und flachen Humor abziehlt, erheiterte den Großteil der Fahrt die verschiedenen Gemüter.
Da am zweiten Montag im Oktober in Kanada Thanksgiving gefeiert wird, habe ich also, gerade im Großelterlichen Luxus-Appartement angekommen schon wieder ein Festmahl serviert bekommen. Ich stehe sehr auf diese Zimt-lastige Kochen.. und Kürbiskuchen ist auch lecker, aber das nur mal so am Rand.
Den restlichen Teil des Tages zog ich es vor, meine neueste Errungenschaft zu durchstöbern. Why I hate Canadians, von einem Kanadier mit so viel Witz und Zynismus, das ich einfach nicht anders kann, als es schon nach ein paar Seiten zu lieben..

Kurze Zusammenfassung meiner bisherigen Ergebnisse:
- The Japanese don't work hard, but they do work long. Canadians avoid both.
- Expatriate's Amnesia: the ability to idealize whatever patch of sod you came from and elevate it above whatever patch of sod you now happen to occupying. Nationalist can do this without even leaving, a remarkable trait and one of the things that keeps them so proudly uninformed about the world beyond their borders.
- Forget world peace, the rain forest or the plight of our nation's homeless, nothing mattered more than my own bruised throbbing heard. [...]
This is the moment you grow up, and nothing is ever the same afterwards. I have never lived completely spontaneously since. I am always aware of myself as if from distance, as if in the third person.

Für alle die nicht übersetzen können oder wollen - eine (meiner Meinung nach gelungene) Mischung über den Nationalstolze den ein jeder so für sich und sein Fleckchen Erde empfindet, über das eigene Leben in jenen Barrieren und Möglichkeiten und eben ganz nebenbei über Kanada.
Wer historisches Vorwissen mitbringt - um so besser. Wenn nicht, ist's auch okay.

Bevor ich mich jedoch in Einzelheiten des Buches - das ich noch nicht einmal zu einem Drittel habe lesen können - verliere, gehen wir kurz noch auf den Rest vom Montag ein...
Nach einer Whirlpool-Einheit im Morgen ging es auf Richtung Ontario Lake, dem 2. kleinsten See hier.. und trotzdem kann man sich nicht ausmalen, wie riesig so ein See sein kann. Es war warm und sonnig, farbtechnisch schon sehr auf Herbst eingestellt und alles in allem wirklich schön. Davon werde ich wohl auch ein Bildchen anhängen, auch wenn ich wünschte, ich könnte die Familie auch mal mit dazu nehmen.. und nicht nur Landschaft.

Nein-dass-ist-nicht-das-Meer-

Langsam ist es aber wirklich schlafenszeit. Morgen werden die Zwillinge schon 6! Ich glaube fast, ich bin aufgeregter als sie selbst.. Liegt vielleicht aber auch daran, dass ich heute so viel über ihre Lebensgeschichte erfahren habe. Dazu aber ein andernmal mehr..

Gute Nacht.

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